
Multiple Chemikalien Sensitivität, die Vielfache Chemikalienunverträglichkeit, wird z.T. unter weiteren Pseudonymen beschrieben, die sich orientieren an Symptomen (Idiopathische Umweltintoleranz [IEI], Umwelterkrankung [EI], Chemikalienintoleranz [CI]) oder Pathogenetischen Mechanismen *): (Toxikologisch induzierter Toleranzverlust [TILT]). Z.T. haben neuere Studien MCS in die Gesamtheit der „Zentralen Sensitivitätssyndrome (Central Nervous System Awareness Syndrome/CSS)“ aufgenommen**). Bei MCS handelt es sich NICHT um eine Allergie ***).
Verlinkte Quellen:
*) Damiani et al. „Italian Expert Consensus on Clinical and Therapeutic Management of Multiple Chemical Sensitivity (MCS)“
**) AMICA „Consenso Italiano MCS (2019)“
***) dbu MCS-Informationsblatt
Hier finden Sie einige Hinweise zu (Datum der letzen Aktualisierung):
MCS-Diagnoseschlüssel (05.03.2022)
MCS-Diagnosekriterien (05.03.2022)
Klinische Umweltmedizin und Umweltmedizin (17.01.2023)
Ärzte-Informationsblätter (28.05.2022)
Kurzscreening mit den 3 BREESI-Fragen (05.03.2022)
Anamnese-Fragebögen (05.03.2022)
Konsensus‐Papier zur Diagnostik umweltausgelöster Multisystemerkrankungen (05.03.2022)
MCS in der Rechtssprechung (22.12.2022)
Literaturhinweise (05.07.2022)
MCS-Diagnoseschlüssel und -kriterien
ICD-10-GM
Die „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten, German Modification“ ist die amtliche Diagnosen-Klassifikation in der medizinischen Versorgung in Deutschland.
Hier wird in der Version 2021 MCS unter T78.4 „unspezifische Überempfindlichkeit (Allergie nicht näher bezeichnet)“, den organischen Erkrankungen (durch äußere Einwirkung) zugeordnet. (verlinkte Quelle: Ärzteinformationsblatt Dr. Merz). Namentlich findet man MCS erst im Diagnosenthesaurus (Alphabetisches Verzeichnis). Hier wurde es mit unterschiedlichen Schreibweisen mehrfach gelistet zur Unterstützung der Suche (jeweils mit dem Hinweis auf Zuordnung zu T78.4) und zwar unter:
– „Chemical-Sensitivity [MCS]-Syndrom, Multiple- Chemikalie“
– „MCS [Multiple-Chemical-Sensitivity]-Syndrom“
– „Multiple-Chemical-Sensitivity [MCS]-Syndrom“
– „Sensitivity [MCS]-Syndrom, Multiple-Chemical“
– „Multiple-Chemical-Sensitivity [MCS]“
(verlinkte Quelle: DIMDI)
Die MCS-Diagnose wird dadurch erschwert, dass Untersuchungs-befunde durchaus normal sein können*). Die Schulmedizin mit ihren meist eingeschränkten analytischen Methoden stößt somit im Falle der KLINISCHEN Umweltmedizin an ihre Grenzen **). Mehr zur Klinischen Umweltmedizin (KUM) erfahren Sie z.B. in diesem Erklärvideo auf YouTube:
Zwei unterschiedliche Fachbereiche:
Umweltmedizin und KLINISCHE Umweltmedizin
In diesem Erklärvideo von Dr. Ohnsorge erfahren Sie mehr zu den Unterschieden zwischen den beiden Fachbereichen:
Für die MCS-Diagnose werden u.a. umfangreiche Fragebögen und Konsensus-Kriterien herangezogen ***):
Die Konsensus–Kriterien von Bartha et al. (1999) ***):
1. Die Symptome sind reproduzierbar bei wiederholten Chemikalien-Expositionen.
2. Der Zustand ist chronisch.
3. Symptome werden durch niedrige Expositionsdosen ausgelöst, die von anderen im Allgemeinen toleriert werden bzw. vor Beginn der Erkrankung toleriert wurden.
4. Die Symptome bessern sich oder verschwinden ganz, wenn die Auslöser vermieden oder entfernt werden.
5. Die Auslösung der Symptome erfolgt durch verschiedene, chemisch nicht miteinander verwandte Stoffe.
6. Mehrere Organe oder Organsysteme sind von den Symptomen betroffen.
Die überarbeiteten Kriterien von Lacour (2005) definieren MCS so *):
1. Eine chronische Erkrankung, die mehr als 6 Monate andauert und eine Verschlechterung der Lebensqualität und der organischen Funktionen verursacht.
2. Die Symptome treten in reproduzierbarer Weise unter Beteiligung des Nervensystems auf, mit einer charakteristischen Überempfindlichkeit gegenüber Duftstoffen.
3. Ständige Beteiligung des zentralen Nervensystems und mind. eines weiteren Organsystems.
4. Reaktionen, die selbst bei niedrigen Chemikalien- Expositionen hervorgerufen werden.
5. Reaktion auf nicht verwandte Chemikalien.
6. Verbesserung oder Verschwinden der Symptome nach Entfernung der Expositionsquelle.
MCS soll bei Erfüllung der Konsensus-Kriterien 1–6 nach Bartha et. al auch bei gleichzeitigem Vorliegen evtl. anderer Krankheiten, die teilweise zur Erfüllung der Kriterien führen (z.B. Allergien, Asthma, Chronic Fatigue Syndrome, Fibromyalgie), diagnostiziert werden. Eine MCS-Diagnose sollte nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Beschwerden und ihre Assoziation mit einer Chemikalien-Exposition vollständig durch eine andere Multi–Organerkrankung des Patienten (z.B. Mastozytose oder Porphyrie) erklärt werden können***).
Ärzteinformationsblätter
MCS-ÄRZTEINFORMATION
(in Abstimmung mit dem dbu):
Was ist Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS)? Der übersichtliche Steckbrief enthält:
- ICD–10 GM Klassifikation
- Mögliche Beschwerde-Auslöser
- Mögliche Symptome unterschiedlicher Organsysteme
- Mögliche Gefährdung durch anaphylaktoide Schockreaktion
- Diagnosekriterien, Ein- und Ausschlussfaktoren
- Genetische Suszeptibilität
- Erfordernis der Expositionsvermeidung
Veröffentlicht von der MCS-CFS-Initiative NRW e.V. auf deren (hier verlinkten) Internet-Seite.
MCS-FACHINFORMATION für Ärzte, Heilpraktiker und Therapeuten
MCS-Infoblatt des dbu (Dt. Berufsverband Klinischer Umweltmediziner e. V.)
- Internationale Anerkennung und Definition nach den Kriterien des Center of Disease
Control (CDC-Kriterien) - Abgrenzung zu psychosomatischen bzw.
psychiatrischen Krankheitsbildern - Ausgeschlossene Krankheitsmechanismen
- Pathomechanismen
- Schwere der Erkrankung und GdB
Veröffentlicht vom Dt. Berufsverband Klinischer Umweltmedizinier e. V. auf dessen (hier verlinkter) Internet-Seite.
CMI-ÄRZTEINFORMATION
Übersicht der ICD-10 Klassifikationen der chronischen Multisystemerkrankungen
- Sick-Building-Syndrom (SBS)
- Toxische Enzephalopathie (TE)
- Elektrosensibilität (EMS / ES / EHS)
- Chronic Fatigue Syndrom (CFS)
- Multiple Chemikalien Sensitivität (MCS)
- Fibromyalgie-Syndrom (FMS)
Herausgeber: Workshop Anerkennungs-verfahren in Kooperation mit CSN und (hier verlinkt) online verfügbar.
Hinweis: für einige CMI sind i. R. des Generationswechsels auf den ICD-11 bereits neue Diagnoseschlüssel bekannt (oben verlinkt).
BREESI: Das Kurz-Screening zur besseren Früherkennung
Frage 1):
Fühlen Sie sich krank, wenn Sie Tabakrauch, best. Duftstoffen, Nagellack/-Entferner, Motor-Abgasen, Benzin, Lufterfrischern, Pestiziden, Farben o. Verdünnungsmittel, frischem Teer/Asphalt, Reinigungsmitteln, neuen Teppichen oder Möbeln ausgesetzt sind? (Mit krank ist gemeint: Kopf-Schmerzen, Denk-Schwierigkeiten, Atem-Beschwerden, Schwäche, Schwindel, Magenverstimmung usw.)
Frage 2):
Haben sie Unverträglichkeiten, unerwünschte Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen bezüglich
– Medikamenten u. Arzneimitteln (wie z.B. Antibiotika, Anästhetika, Schmerzmittel, Röntgen-Kontrastmittel, Impfstoffe oder Antibabypillen)
– oder eines Implantats, einer Prothese, eines chemischen oder mechanischen Verhütungsmittels (z.B. Spirale), einem anderen (zahn-)medizinischen/chirurgischen Material oder Verfahren?
Frage 3):
Haben Sie Unverträglichkeiten oder unerwünschte Reaktionen bezüglich Lebensmitteln wie z. B. Milchprodukten, Weizen, Mais, Eier, Koffein, alkoholischen Getränken oder Lebensmittel-Zusatzstoffen (z.B. Mononatriumglutamat, Lebensmittel-Farbstoffe)?
Von den Studienteilnehmern, die bei allen drei Fragen mit „Nein“ antworteten, wurden in der anschl. vertiefenden Analyse tatsächlich 95% als „unwahrscheinlich“ in Bezug auf eine Chemikalien-Intoleranz eingestuft (d.h. negativer Vorhersagewert = 95%).
Wurde jedoch auch nur eine dieser Fragen mit „JA“ beantwortet, bestand lt. Erkenntnissen der Studiengruppe immer noch eine Wahrscheinlichkeit von über 80 %, dass in der vertiefenden Analyse eine Chemikalien-Intoleranz festgestellt wurde (d. h. positiver Vorhersagewert >80%).
Möchten Sie mehr zur BREESI-Studie erfahren? Eine Zusammenfassung sowie eine unverbindliche Übersetzung finden Sie im Forum „Leben mit MCS“. Dieser Button führt Sie bequem hin:
verlinkte Quelle und weiterführende Informationen: Palmer, Miller et al. „Three questions for identifying chemically intolerant individuals in clinical and epidemiological populations: The Brief Environmental Exposure and Sensitivity Inventory (BREESI),“ PLoS One. 2020 Sep 16;15(9):e0238296. doi: 10.1371/journal.pone.0238296. PMID: 32936802; PMCID: PMC749407; [Online]. Available: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7494077/ ; Free PMC article, License Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) [Online]. Available:https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ (Beide Zugriffe 05.03.22)
(Beispielhafte) Anamnese-Fragebögen
Das Quick Environmental Exposure and Sensitivity Inventory (QEESI) ist ein validierter Fragebogen zur Ermittlung und Dokumentation einer Chemikalien-Intoleranz. Palmer et al. empfehlen im Rahmen ihrer BREESI-Studie dieses zeitsparende Kurzscreening dem umfangreichen QEESI vorzuschalten. Mehr dazu finden Sie auf der Homepage der UT Health San Antonio.
Auch wenn die Praxis nicht mehr existent ist: In Anlehnung an den QEESI hier ein deutschsprachiger Bogen.
Eine Initiative der EUROPAEM hat in Kooperation mit dem Qualitätszirkel des Fortbildungskurses Umweltmedizin (Juli 2012 – Febr 2020) einen 14-seitigen (hier verlinkten) Umweltmedizinischen Fragebogen entwickelt.
Dies sind nur Beispiele, es gibt sicherlich noch weitere Exemplare. Die jeweilige Auswahl trifft der behandelnde Arzt/Heilpraktiker.
Quelle und weiterführende Informationen: s. obige Verlinkungen zur Homepage der UT Health San Antonio und Homepage von EUROPAEM.
QEESI (dt. Fassung) stammt von http://www.mcs-cfs-initiative.de
Bezüglich der „Diagnostik umweltausgelöster Multisystem-Erkrankungen aus Sicht der Klinischen Umweltmedizin“ finden Sie hier eine gemeinsame Stellungnahme (2012) der Europäischen Akademie für Umweltmedizin (EUROPAEM) und der Österreichischen Ärztekammer (Referat Umweltmedizin). Sie beinhaltet u.a. Informationen und Empfehlungen für den ärztlichen Diagnoseprozess zur Entwicklung geeigneter Therapie‐Maßnahmen.
MCS in der Rechtssprechung
Beispielhafte Urteile (Unverbindliche Auswahl – keine vollständige Übersicht! Diese Hinweise stellen keine Rechtsberatung dar; bei einem entsprechenden Bedarf wenden Sie sich bitte an einen kompetenten Berater des jeweiligen Fachbereiches):
Beruf
Urteil (1996): Klageverfahren einer Lehrerin wegen unerwünschter Versetzung in den Ruhestand mangels Dienstfähigkeit – Chemikalienunverträglichkeit
- Für die Bejahung der Dienstfähigkeit ist nicht Voraussetzung, dass der Beamte uneingeschränkt seinem statusrechtlichen Amt (hier: Gymnasiallehrerin im Amt einer Studienrätin) entsprechend verwendungsfähig ist.
- Vielmehr ist der Beamte (weiterhin) dienstfähig, wenn bei der Beschäftigungsbehörde (hier: Freistaat Bayern) ein Dienstposten zur Verfügung steht, der seinem statusrechtlichen Amt zugeordnet werden kann und gesundheitlich für ihn auch geeignet ist. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
- Bei einer möglichen Dienstunfähigkeit auf Grund einer Chemikalienunverträglichkeit einer Lehrerin muss der Dienstherr die für ihren Einsatz in Betracht kommenden Schulen konkret und nachvollziehbar überprüfen. (Rn. 81 – 88) (redaktioneller Leitsatz)
- Die „Suchpflicht“ nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit erstreckt sich auch auf eine Tätigkeit der Lehrerin außerhalb des Gymnasialbereichs. (Rn. 94) (redaktioneller Leitsatz)
- VGH München, Urteil v. 28.02.2018 – 3 B 16.1996
- Quelle und weiterführende Informationen: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2018-N-8666?hl=true
Therapie
Urteil (2021): MCS-Kranke und Klage betr. Beihilfefähigkeit von Magnesium-Orotat und diesbezügliche Anerkennung als Rezepturpräparat
- Das streitgegenständliche Rezepturpräparat „Magnesium-Orotat 100g“ ist in dem vorliegenden Fall vom Gericht als sog. Präsentationsarzneimittel i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG anerkannt worden und unterliegt damit dem Beihilfegesetz.
- „Aus diesem Grund kann nicht die Rede davon sein, dass das streitgegenständliche Rezepturarzneimittel geeignet wäre, einen täglichen Bedarf „zu ersetzen“ – vielmehr ist es in der ganz spezifischen, ärztlich verordneten und verantworteten Dosierung ein Ausgleich dafür, dass die Ehefrau des Klägers gerade krankheits-bedingt nicht in der Lage ist, ihren täglichen Bedarf an lebens-notwendigen Substanzen mit üblicher Nahrung gefahrfrei zu stillen.“
- VGH München, Urteil v. 20.12.2021 – 14 B 19.1283
- Quelle und weiterführende Informationen: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-41403?hl=true
Urteil (2018): Private Krankenkasse unterliegt im Rechtsstreit um Erstattung der Kosten für orthomolekulare Therapie
- In Abänderung des Urteils 2-23 O 456/15 des LG Frankfurt hat das Berufungsgericht des OLG Frankfurt (7 U 103/16 am 20.12.18) die Verpflichtung einer Krankenkasse zur Erstattung der Behandlungskosten, Laborleistungen und notwendigen Präparate für die Behandlung einer multiplen Chemikalienempfindlichkeit (MCS)-Erkrankung mittels der orthomolekularen Methode bejaht.
- Bei der MCS handelt es sich um eine anerkannte Multisystemerkrankung, für die es keinen wirksamen schulmedizinischen Ansatz gibt.
- Einzig anerkannte Methode ist die orthomolekulare Therapie, deren essentieller Bestandteil auch der Einsatz von Vitaminen, Nähr- und Stärkungsmitteln sowie Nahrungsergänzungsmitteln ist.
- Nach dem jetzt vorliegenden Urteil des OLG Frankfurt darf eine Krankenkasse die Erstattung solcher alternativen Präparate nicht mit Hinweis auf das Fehlen eines physiologischen Mangelzustandes ablehnen.
- Gemäß den Ausführungen des OLG Frankfurt gilt die orthomolekulare Therapie als alternative Behandlungsmethode als medizinisch notwendige Heilbehandlung. Für die Frage, ob eine Heilbehandlung medizinisch notwendig ist, kommt es nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf die Auffassung des Versicherungsnehmers oder des behandelnden Arztes an. Vielmehr ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der durch ein Gutachten aufgezeigt werden kann.
- Nachdem das LG Frankfurt rechtsfehlerhaft auf die Einholung eines Gutachtens verzichtet hatte, wurde dies in der Berufungsinstanz nachgeholt. Die beauftragte Sachverständige, eine ausgebildete und praktizierende Schulmedizinerin, ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es keinen schulmedizinischen Behandlungsansatz gibt, wohingegen die angewandte orthomolekulare Therapie auf einem medizinisch nachvollziehbaren Ansatz beruht und die Krankheit zumindest lindert, sodass der Ausschlusstatbestand in den Versicherungsbedingungen für Nähr- und Stärkungsmittel nicht greift.
- Das OLG hat nicht nur dem Zahlungsanspruch, sondern auch dem Feststellungsanspruch für zukünftige Erstattungsleistungen stattgegeben.
- Quelle und weiterführende Informationen:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/kostenerstattung-fuer-orthomolekulare-therapie-durch-private-krankenversicherung_152354.html
Urteil (2010): Parfümbelastete Therapiestunde für Duftstoffallergiker nicht zumutbar
- Eine Frau mit einer schweren Duftstoffallergie und MCS hat einen Prozess gewonnen, den ihre Therapeutin gegen die kranke Frau angestrebt hatte.
- Trotz Vereinbarung, dass die Therapeutin am Tag der Behandlung duftfrei sein solle wegen der Problematik der Patientin, verwendete diese ein Parfüm.
- Die Patientin konnte das Parfüm nicht tolerieren und brach die Therapiesitzung ab. Trotzdem stellte die Therapeutin die Therapiesitzung in Rechnung und zog vor Gericht, nachdem die unter Duftstoffallergien leidende Frau sich weigerte zu zahlen.
- Amtsgericht Rheinbach (2010)
Wohnung
Urteil (2003): Versprüht ein Wohnungseigentümer eigenmächtig Geruchsstoffe (Parfum) im zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Treppenhaus, so liegt hierin eine bestimmungswidrige Nutzung des Gemeinschaftseigentums.
- In einer Wohnungseigentumsanlage mit 4 Wohnungen kam es zu Missstimmungen, als eine Wohnungseigentümerin im Hausflur Geruchsspray und Parfum versprühte und auf ihrem Balkon Duft- bzw. Rauchkerzen abbrannte.
- Die übrigen Wohnungseigentümer fanden diese Gerüche unerträglich. Eine Einigung konnte zwischen den Wohnungseigentümern nicht erzielt werden.
- Die verklagte Wohnungseigentümerin sollte es unterlassen, „Geruchsstoffe durch speziell für die Erzeugung von Gerüchen vorgesehene Vorrichtungen, wie Rauchkerzen, Geruchsverdampfer, Geruchstücher, Sprays oder Flüssigkeiten außerhalb ihrer Wohnung, also auch nicht auf ihrem Balkon und im Garten, im Haus und auf dem Grundstück des Hauses… zu verteilen“.
- OLG Düsseldorf, Az.: 3 Wx 98/03,Beschluss vom 16.05.2003
- Verlinkte Quelle und weiterführende Informationen: RA Kotz.de, Duftstoffe
Urteil (2007): Zur früheren gerichtlichen Aufhebung einer Räumungsvollstreckung wegen Erkrankung
- BUNDESGERICHTSHOF Az.: I ZB 104/06 , Beschluss vom 22.11.2007, Vorinstanzen: AG Düsseldorf, Az.: 666 M 1625/06, Entscheidung vom 20.06.2006, LG Düsseldorf, Az.: 25 T 564/06, Entscheidung vom 07.11.2006
- „Die Räumungsvollstreckung würde das Leben der Schuldnerin erheblich gefährden, gutachterlich bestätigte schwere neurotoxische Schädigung, allergische Reaktionen im Sinne einer MCS“
- Gegen diese Beurteilung eingereichte Rechtsbeschwerde hatte Erfolg. Aber auch richterlichen Verweis darauf: „….dass besonders gelagerte Einzelfälle dazu führen, dass die Räumungsvollstreckung für
einen längeren Zeitraum und – in absoluten Ausnahmefällen – auf unbest. Zeit einzustellen ist (BVerfG (Kammer), Beschl. v. 27.6.2005–1 BvR 224/05, NZM 2005, 657, 658 f.). - Verlinkte Quelle und weiterführende Informationen: dejure.org, Rechtssprechung BGH 22.11.2007 IZB104/06
Urteil (2001): Schmerzensgeld wegen Hausflur-Reinigung mit giftigen Chemikalien und unsachgemäßer Anwendung
- Eigentümer muss Mieterin Schmerzensgeld zahlen
- Verwendet ein Vermieter zur Reinigung des Hausflures eines Mietshauses einen giftigen Ölfleckenentferner und erleidet ein Mieter davon Beschwerden wie Atemnot, Kopfschmerzen, Augenbrennen, Brechreiz und Schwindel, so dass er sich veranlasst sieht, die Mietwohnung vorübergehend verlassen, kann das die Zubilligung eines – verhältnismäßig geringen – Schmerzensgeldes begründen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, Urteil vom 06.09.2001, – 27 U 50/01 –
- Quelle und weiterführende Informationen: https://www.kostenlose-urteile.de/OLG-Hamm_27-U-5001_Hausflur-mit-giftigen-Chemikalien-gereinigt.news1285.htm?sk=a809de87405af181b4c197c7e386aaf9
Urteil (1992): Recht zur Mietminderung von 25 % aufgrund durch Formaldehyd belasteter Raumluft
- Weist die Raumluft einer Mietwohnung ein Formaldehyd-Wert von über 0,1 ppm auf
- und kommt es dadurch zu einer Geruchsbelästigung sowie einer Gesundheitsgefahr,
- so kann dies eine Mietminderung von 25 % rechtfertigen.
- Auch wenn der Grenzwert dafür nicht ständig, aber wiederholt überschritten wird.
- Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bad Säckingen hervor, Urteil vom 21.08.1992 – 1 C 191/91 –
- Verlinkte Quelle und weiterführende Informationen: Kostenlose Urteile, Amtsgericht Bad Säckingen, Urteil vom 21.08.1992 | 1 C 191/91
Literaturhinweise
Ohnsorge et al.: „Handeln statt Diskutieren – die Umweltmedizinische Praxisleitlinie“, Dt. Ärzteverlag (2012)
Der Dt. Berufsverband Klinischer Umweltmediziner (dbu) hat 2011 Praxisleitlinien veröffentlicht (Teil I, Teil II und Merkblatt), die hier abrufbar sind.
Alle Verlinkungen auf dieser Seite haben rein informativen Charakter und stellen keine Kauf-, Bezugsquellen- oder Behandlungs-Empfehlungen dar! Eine etwaige Ableitung und Umsetzung von Therapiemaßnahmen erfolgt ausschl. auf eigene Gefahr und Verantwortung und sollte immer mit einem qualifizierten Therapeuten abgesprochen werden.
Bei den ergänzenden Literaturhinweisen handelt es sich (wie auch bei obigen Quellverweisen) um eine unverbindliche Auswahl und keinesfalls um eine vollständige Übersicht!