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Multiple Chemikalien Sensitivität, die Vielfache Chemikalienunverträglichkeit, wird z.T.  unter weiteren Pseudonymen beschrieben, die sich orientieren an Symptomen (Idiopathische Umweltintoleranz [IEI], Umwelterkrankung [EI], Chemikalienintoleranz [CI]) oder Pathogenetischen Mechanismen *): (Toxikologisch induzierter Toleranzverlust [TILT]). Z.T. haben neuere Studien MCS in die Gesamtheit der „Zentralen Sensitivitätssyndrome (Central Nervous System Awareness Syndrome/CSS)“ aufgenommen**). Bei MCS handelt es sich NICHT um eine Allergie ***).

„Die Beweise dafür, dass es sich bei MCS um eine physische Erkrankung handelt, sind stichhaltig und können nicht mehr als ‚umstritten‘ bezeichnet werden,“ so Molot et al. (2023). Die Studiengruppe fordert in dieser Veröffentlichung dazu auf, bezüglich MCS endlich den aktuellen Stand der Wissenschaft zu übernehmen.

Molot J. et al. (2023): Multiple chemical sensitivity: It‘s time to catch up to the science. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, Volume 151, 2023, 105227, https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2023.105227

MCS – Unspezifische Symptome erkennen und ernst nehmen
Was steckt hinter diesem schwer fassbaren MCS-Syndrom? Hier eine klare Diagnose zu stellen, ist für jeden Arzt eine Herausforderung. Dem-entsprechend wurde die Existenz der MCS lange geleugnet. Die Anerkennung als Krankheit fällt heute leichter, weil die bei der Entstehung wirkenden biochemischen Mechanismen besser verstanden sind. Hier (verlinkt) gelangen Sie zum entsprechenden Artikel der Deutschen Apotheker-Zeitung vom Aug. 2023.

MCS-Diagnoseschlüssel und -kriterien

ICD-10-GM
Die „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten, German Modification“ ist die amtliche Diagnosen-Klassifikation in der medizinischen Versorgung in Deutschland.

Bis zu einer endgültigen Einführung des ICD-11 bleibt weiterhin die ICD-10-GM die gültige amtliche Klassifikation für die Morbiditätskodierung für Deutschland.

Hier wird in der Version 2025 MCS unter T78.4 „unspezifische Überempfindlichkeit (Allergie nicht näher bezeichnet)“, den organischen Erkrankungen (durch äußere Einwirkung) zugeordnet. (verlinkte Quelle: Ärzteinformationsblatt Dr. Merz).

Namentlich findet man MCS ausschließlich im Diagnosenthesaurus (Alphabetisches Verzeichnis). Hier wurde es mit unterschiedlichen Schreibweisen mehrfach gelistet zur Unterstützung der Suche (jeweils mit dem Hinweis auf Zuordnung zu T78.4) :

  •  Multiple-Chemical-Sensitivity [MCS)-Syndrom – S. 664
  • ­ Sensitivity [MCS]-Syndrom –  S. 932
  • ­ Multiple-Chemical-Sensitivity [MCS] – S. 999
  • ­ Chemical-Sensitivity [MCS]-Syndrom Multiple – S. 170
  • ­ MCS-Syndrom [Multiple Chemical-Sensitivity] – S. 631

 Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification Stand: 27. September 2024, Zugriff 08.12.2024

Das Gesundheitsministerium bestätigte 2008 (in dem hier verlinkten Schreiben) diese ICD-Klassifizierung T78.4 inkl. der Aussage, dass eine Zuordnung der Erkrankung zum Kapitel der psychischen Erkrankungen nicht vorgesehen ist.

ICD-11-GM (gültig ab 01.01.2022)

Der ICD-11 wurde im Mai 2019  verabschiedet und trat am 01.01.2022 in Kraft. Seitdem können die Mitgliedsstaaten der WHO ihre Mortalitätsdaten ICD-11-kodiert an die WHO berichten. Erst nach einer flexiblen Übergangszeit von mindestens 5 Jahren soll die Berichterstattung nur noch ICD-11-kodiert erfolgen. Der konkrete Zeitpunkt einer Einführung der ICD-11 in Deutschland zur Mortalitätskodierung steht noch nicht fest.

Eine wesentliche Neuerung, die mit dem ICD-Generationswechsel verbunden ist: es entfällt der Diagnosenthesaurus (Alphabetisches Verzeichnis). Bislang ist MCS namentlich allerdings ausschließlich in diesem Anhang zu finden.

Im ICD-11 wird der Code T78.4 übergeleitet in „4A8Z Allergische oder überempfindliche Krankheitszustände nicht näher bezeichneter Art“

MCS-Kodierung im ICD-11: Internationale Antragstellung

  • nur in wenigen Ländern ist MCS im ICD-10 den physischen Erkrankungen zugeordnet
  • wie z.B. in Deutschland, allerdings ist MCS namentlich ausschließlich im Anhang (Diagnosenthesaurus) erwähnt (-> dieser fällt aber beim ICD-11 weg)
  • international wurde nun ein Antragsverfahren veranlasst:
    • 56 Ärzte und Wissenschaftler (aus Spanien, Frankreich, Belgien, Italien, Mexiko, den USA und Kanada) sowie 75 Patientenorganisationen aus 6 Ländern haben einen Antrag bei der WHO eingereicht, MCS in das ICD-11-Kodierungssystem aufzunehmen (Abschnitt Allergische oder überempfindliche Zustände)
  • Die Antragstellung umfasst ein wissenschaftliches Dokument der Alborada-Stiftung unter Leitung von Dr. Pilar Muñoz Calero, Leiterin des spanischen Lehrstuhls für Pathologie und Umwelt an der Complutense-Universität Madrid sowie ein Positionspapier, das von CONFESQ (Koalition zur Vertretung der MCS-Patientenverbände) verfasst wurde.
  • Dieses Dokument hebt lt. der Antragsteller u.a. die Vielzahl streng wissenschaftlicher, unabhängiger Veröffentlichungen hervor, die zum Thema MCS nun schon seit vielen Jahrzehnten existieren und die nie widerlegt oder bestritten wurden. Das von den Patientenorganisationen erstellte Positionspapier verweist seinerseits auf die schreckliche Situation der Betroffenen und ihr Anliegen, die Gesundheitsfachkräfte über ihre Krankheit zu informieren und Zugang zu einer schnellen Diagnose, notwendigen Überweisungen und Behandlungen zu erhalten. Es führt auch an, dass diese Krankheit in verschiedenen Ländern wie Spanien, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Dänemark oder Japan anerkannt ist und dort auch offiziell so bezeichnet wird.
  • Das englischsprachige Dokument kann online eingesehen werden (copyright: Europa Press) siehe im hier verlinkten Online-Artikel die Weiterverlinkung im Textbereich „documento científico“.
  • Quelle: Online-Artikel von MCS SOS Frankreich 03.07.23

Wegfall der Bezeichnung von MCS als „SOMATISIERUNGs“-Syndrom gem. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010, Teil 10,  9. März 2010:

“Die Fibromyalgie, Chronisches Fatigue Syndrom (CFS), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.“Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Feststellung nach dem Schwerbehindertenrecht Nov. 2008

Dies wurde schließlich auch im Bundesgesetzblatt „Erste Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung“ vom 1. März 2010 veröffentlicht. Hier (verlinkt) auf pdf-Seite 13 unter Abschnitt 2. d)

Für die MCS-Diagnose werden u.a. umfangreiche Fragebögen und Konsensus-Kriterien herangezogen ***):

Die KonsensusKriterien von Bartha et al. (1999)  ***):

1. Die Symptome sind reproduzierbar bei wiederholten Chemikalien-Expositionen.
2.
Der Zustand ist chronisch.
3.
Symptome werden durch niedrige Expositionsdosen ausgelöst, die von anderen im Allgemeinen toleriert werden bzw. vor Beginn der Erkrankung toleriert wurden.
4.
Die Symptome bessern sich oder verschwinden ganz, wenn die Auslöser vermieden oder entfernt werden.
5.
Die Auslösung der Symptome erfolgt durch verschiedene, chemisch nicht miteinander verwandte Stoffe.
6.
Mehrere Organe oder Organsysteme sind von den Symptomen betroffen.

Die Presseinformation und den veröffentlichten Artikel zum MCS-Konsensus von 1999 finden Sie hier (verlinkt):  http://www.mcsrr.org/1999Defn.pdf

MCS soll bei Erfüllung der Konsensus-Kriterien 16 nach Bartha et. al auch bei gleichzeitigem Vorliegen evtl. anderer Krankheiten, die teilweise zur Erfüllung der Kriterien führen (z.B. Allergien, Asthma, Chronic Fatigue Syndrome, Fibromyalgie), diagnostiziert werden. Eine MCS-Diagnose sollte nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Beschwerden und ihre Assoziation mit einer Chemikalien-Exposition vollständig durch eine andere MultiOrganerkrankung des Patienten (z.B. Mastozytose oder Porphyrie) erklärt werden können***).


-> Ergänzend: siehe Abschnitt Ärzte-Informationsblätter

2005 schlug Lacour eine Validierung und Erweiterung der US-amerikanischen Falldefinition (1999) für das MCS-Syndrom vor:*)*****)

1. Eine chronische Erkrankung, die mehr als 6 Monate andauert und eine Verschlechterung der Lebensqualität und der organischen Funktionen verursacht.
2. Die Symptome treten in reproduzierbarer Weise unter Beteiligung des Nervensystems auf, mit einer charakteristischen Überempfindlichkeit gegenüber Duftstoffen.
3. Ständige Beteiligung des zentralen Nervensystems und mind. eines weiteren Organsystems.
4. Reaktionen, die selbst bei niedrigen Chemikalien- Expositionen hervorgerufen werden.
5. Reaktion auf nicht verwandte Chemikalien.
6. Verbesserung oder Verschwinden der Symptome nach Entfernung der Expositionsquelle.

Zitate aus der Studienveröffentlichung von Molot et al. 2023:

„Die Beweise für eine biologische Ursache für MCS sind solide, wenn man die Funktion der TRPV1- und TRPA1-Rezeptoren berücksichtigt.“ 

„Es ist falsch, die Existenz von MCS als eigenständiges medizinisches Leiden oder Syndrom zu leugnen.“ 

Molot J. et al. (2023): Multiple chemical sensitivity: It‘s time to catch up to the science. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, Volume 151, 2023, 105227, https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2023.105227

Die Problematik aussagekräftiger Untersuchungsbefunde

Die MCS-Diagnose wird dadurch erschwert, dass Untersuchungs-befunde durchaus normal sein können*). Die Schulmedizin mit ihren meist eingeschränkten analytischen Methoden stößt somit im Falle der KLINISCHEN Umweltmedizin an ihre Grenzen **). Mehr zur Klinischen Umweltmedizin (KUM) erfahren Sie z.B. in diesem Erklärvideo auf YouTube:


Die Problematik unterschiedlicher Beschwerdebilder

Die Tatsache, dass Personen, die die gleiche ursprüngliche Exposition aufweisen, häufig unterschiedliche Symptome zeigen, erschwert die Diagnose. So kann beispielsweise eine ganze Familie in ihrer Wohnung Schimmelpilzen ausgesetzt sein. Einige Mitglieder leiden unter Kopfschmerzen, andere unter Übelkeit, wieder andere haben kognitive Schwierigkeiten. Einige berichten vielleicht gar keine Symptome. Wenn die Familienmitglieder außerdem verschiedene Ärzte aufsuchen, kann ein Muster neu auftretender, umweltbedingter Krankheiten übersehen werden.****

Die Problematik der Maskierung

Die Maskierung verdeckt häufig das Bewusstsein für Ursachen und Auslöser. Die Maskierung ergibt sich aus der Überschneidung von Symptomen, die durch mehrere laufende Expositionen ausgelöst werden. Die routinemäßige Verwendung von nikotinhaltigen Produkten, Xanthinen (z. B. Schokolade, Kaffee, Tee), alkoholischen Getränken, bestimmten Medikamenten, parfümierten Körperpflegemitteln, Reinigungs- oder Waschmitteln und die Exposition gegenüber Verbrennungsprodukten aus einem Gasherd oder einer Heizung maskieren oder verschleiern häufig den Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomen.****

Quellen (verlinkt):
*) Damiani et al. „Italian Expert Consensus on Clinical and Therapeutic Management of Multiple Chemical Sensitivity (MCS)“
**) Online-Artikel des dbu Nov. 2011 zu den Leitlinien
***) Ärzteinformation
****) 
Miller, C.S.. et al. What initiates chemical intolerance? Findings from a large population-based survey of U.S. adults. Environ Sci Eur 35, 65 (2023). https://doi.org/10.1186/s12302-023-00772-xOpen Access https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de
*****) Lacour M. et al. „Multiple Chemical Sensitivity Syndrome (MCS) – suggestions for an extension of the US MCS-case definition“ International Journal of Hygiene and Environmental Health, Volume 208, Issue 3,2005, Pages 141-151, ISSN 1438-4639, https://doi.org/10.1016/j.ijheh.2005.01.017

„Heutzutage gibt es immer mehr Beweise dafür, dass die Multiple Chemikalienempfindlichkeit (MCS) mit einer Dysregulation mehrerer Systeme des Organismus einhergeht. Der Eckpfeiler der Pathogenese der Krankheit lässt sich auf eine Überlastung der oxidativen und nitrosativen Stressreaktionen, eine unzureichende Entgiftung, eine neurogene Entzündung, eine Störung der Blut-Hirn-Schranke (BHS) und eine Hypoperfusion in der kapsulothalamischen Region zurückführen. Verschiedene Entzündungsmoleküle können potenzielle Biomarker der Krankheit sein, die die Grundlage für die klinische Diagnostik von MCS bilden könnten.“

Tamara Tuuminen und Erkki Antila, Verlag: Unser Wissen, Dez. 2022, Leseprobe (verlinkt)

Ärzteinformationsblätter

MCS-ÄRZTEINFORMATION
(in Abstimmung mit dem dbu)
:
Was ist Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS)? Der übersichtliche Steckbrief enthält:

  • ICD10 GM Klassifikation
  • Mögliche Beschwerde-Auslöser
  • Mögliche Symptome unterschiedlicher Organsysteme
  • Mögliche Gefährdung durch anaphylaktoide Schockreaktion
  • Diagnosekriterien, Ein- und Ausschlussfaktoren
  • Genetische Suszeptibilität
  • Erfordernis der Expositionsvermeidung

Veröffentlicht von der MCS-CFS-Initiative NRW e.V. auf deren (hier verlinkten) Internet-Seite.

MCS-FACHINFORMATION für Ärzte, Heilpraktiker und Therapeuten

MCS-Infoblatt des dbu (Dt. Berufsverband Klinischer Umweltmediziner e. V.)

  • Internationale Anerkennung und Definition nach den Kriterien des Center of Disease
    Control (CDC-Kriterien)
  • Abgrenzung zu psychosomatischen bzw.
    psychiatrischen Krankheitsbildern
  • Ausgeschlossene Krankheitsmechanismen
  • Pathomechanismen
  • Schwere der Erkrankung und GdB

Veröffentlicht vom Dt. Berufsverband Klinischer Umweltmedizinier e. V. auf dessen (hier verlinkter) Internet-Seite.

CMI-ÄRZTEINFORMATION
Übersicht der ICD-10 Klassifikationen der chronischen Multisystemerkrankungen

Herausgeber: Workshop Anerkennungs-verfahren in Kooperation mit CSN und (hier verlinkt) online verfügbar.

Hinweis: für einige CMI sind i. R. des Generationswechsels auf den ICD-11 bereits neue Diagnoseschlüssel bekannt (oben verlinkt).

BREESI: Das Kurz-Screening zur besseren Früherkennung

Frage 1):
Fühlen Sie sich krank, wenn Sie Tabakrauch, best. Duftstoffen, Nagellack/-Entferner, Motor-Abgasen, Benzin, Lufterfrischern, Pestiziden, Farben o. Verdünnungsmittel, frischem Teer/Asphalt, Reinigungsmitteln, neuen Teppichen oder Möbeln ausgesetzt sind? (Mit krank ist gemeint: Kopf-Schmerzen, Denk-Schwierigkeiten, Atem-Beschwerden, Schwäche, Schwindel, Magenverstimmung usw.)

Frage 2):
Haben sie Unverträglichkeiten, unerwünschte Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen bezüglich
– Medikamenten u. Arzneimitteln (wie z.B. Antibiotika, Anästhetika, Schmerzmittel, Röntgen-Kontrastmittel, Impfstoffe oder Antibabypillen)
– oder eines Implantats, einer Prothese, eines chemischen oder mechanischen Verhütungsmittels (z.B. Spirale), einem anderen (zahn-)medizinischen/chirurgischen Material oder Verfahren?

Frage 3):
Haben Sie Unverträglichkeiten oder unerwünschte Reaktionen bezüglich Lebensmitteln wie z. B. Milchprodukten, Weizen, Mais, Eier, Koffein, alkoholischen Getränken oder Lebensmittel-Zusatzstoffen (z.B. Mononatriumglutamat, Lebensmittel-Farbstoffe)?

Von den Studienteilnehmern, die bei allen drei Fragen mit „Nein“ antworteten, wurden in der anschl. vertiefenden Analyse  tatsächlich 95% als „unwahrscheinlich“ in Bezug auf eine Chemikalien-Intoleranz eingestuft (d.h. negativer Vorhersagewert = 95%).

Wurde jedoch auch nur eine dieser Fragen mit „JA“  beantwortet, bestand lt. Erkenntnissen der Studiengruppe immer noch eine Wahrscheinlichkeit von über 80 %, dass in der vertiefenden Analyse eine Chemikalien-Intoleranz festgestellt wurde (d. h. positiver Vorhersagewert >80%).

Möchten Sie mehr zur BREESI-Studie erfahren? Hier Textauszüge der Studienveröffentlichung in Form einer unverbindlichen Übersetzung:

verlinkte Quelle und weiterführende Informationen: Palmer, Miller et al. „Three questions for identifying chemically intolerant individuals in clinical and epidemiological populations: The Brief Environmental Exposure and Sensitivity Inventory (BREESI),“ PLoS One. 2020 Sep 16;15(9):e0238296. doi: 10.1371/journal.pone.0238296. PMID: 32936802; PMCID: PMC749407; [Online]. Available: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7494077/ ; Free PMC article, License Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) [Online]. Available:https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ (Beide Zugriffe 05.03.22)

(Beispielhafte) Anamnese-Fragebögen

Das Quick Environmental Exposure and Sensitivity Inventory (QEESI) ist ein validierter Fragebogen zur Ermittlung und Dokumentation einer Chemikalien-Intoleranz. Palmer et al. empfehlen im Rahmen ihrer BREESI-Studie dieses zeitsparende Kurzscreening dem umfangreichen QEESI vorzuschalten. Mehr dazu finden Sie auf der Homepage der UT Health San Antonio.
Auch wenn die Praxis nicht mehr existent ist: In Anlehnung an den QEESI hier ein deutschsprachiger Bogen.

Eine Initiative der EUROPAEM hat in Kooperation mit dem Qualitätszirkel des Fortbildungskurses Umweltmedizin (Juli 2012 – Febr 2020) einen 14-seitigen (hier verlinkten) Umweltmedizinischen Fragebogen entwickelt.

Dies sind nur Beispiele, es gibt sicherlich noch weitere Exemplare. Die jeweilige Auswahl trifft der behandelnde Arzt/Heilpraktiker.

Quelle und weiterführende Informationen: s. obige Verlinkungen zur Homepage der UT Health San Antonio und Homepage von EUROPAEM.
QEESI (dt. Fassung) stammt von http://www.mcs-cfs-initiative.de

Bezüglich der „Diagnostik umweltausgelöster Multisystem-Erkrankungen aus Sicht der Klinischen Umweltmedizin“ finden Sie hier eine gemeinsame Stellungnahme (2012) der Europäischen Akademie für Umweltmedizin (EUROPAEM) und der Österreichischen Ärztekammer (Referat Umweltmedizin). Sie beinhaltet u.a. Informationen und Empfehlungen für den ärztlichen Diagnoseprozess zur Entwicklung geeigneter Therapie‐Maßnahmen.

MCS-Bericht an die Vereinten Nationen

Der kanad. Verband ASEQ-EHAQ hat den Vereinten Nationen im Rahmen ihres Staatenberichtsverfahrens März 2025 einen Bericht über MCS vorgelegt. Dieser Meilenstein betont die Herausforderungen, mit denen Menschen mit MCS konfrontiert sind, und fordert eine größere internationale Anerkennung und Maßnahmen. Der Beitrag ist auf der OHCHR-Website (United Nations Human Rights Treaty Bodies) veröffentlicht.
https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=INT%2FCRPD%2FCSS%2FCAN%2F62166&Lang=en

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MCS-Studien: Die internationale Literatur zeigt das Forschungsinteresse an MCS. Ein Team um Hempel (2024) führte eine umfassende Recherche in 18 Studiendatenbanken durch und orientierte sich dabei an  5 Leitfragen. Basierend auf den Suchergebnissen erstellte die Gruppe eine Evidenzkarte zur Forschungslage: 351 Studien zu MCS erfüllten deren Kriterien und 4.429 Publikationen im Volltext wurden überprüft. Die Recherchen ergaben auch eine große Anzahl von diagnostischen Tests zur Identifizierung von MCS, die in 73 Veröffentlichungen vorgeschlagen wurden. Trotz des großen Forschungsumfangs bleiben viele Fragen offen. Doch die beeinträchtigenden Auswirkungen von MCS sind vielerorts dokumentiert.

Quelle und weiterführende Informationen: Zhang D, Margie D, Robinson K, Hempel S, et al. „Multiple Chemical Sensitivity: An evidence map“ Jan. 2024, DOI:10.13140/RG.2.2.15856.47361 http://
dx.doi.org/10.13140/RG.2.2.15856.47361

Natürlich können wir keine vollumfängliche Studiensammlung zur Verfügung stellen. Aber diverse aktuellere Studien haben wir für Sie übersetzt und auszugsweise auf unserer Seite „MCS und Körper zitiert und hier bereits entsprechend verlinkt. Auch in unsere diversen UMG-Artikeln (hier verlinkt abrufbar) sind relevante Studieninhalte eingeflossen. Und nicht zu vergessen unsere (hier verlinkten) YouTube-Präsentationen als weitere Infoquellen aus der Studienwelt.

Übersichten zu früheren Studien:
Prof. Dr. Anne C. Steinemann hat wissenschaftliche Veröffentlichungen aus über zwei Jahrzehnten archiviert, die eine körperliche Ursache für MCS unterstützen. CSN durfte 2009 mit ihrer ausdrücklichen Erlaubnis eine alphabetische Liste dieser wissenschaftlichen Literaturstellen erstellen, die Sie hier (verlinkt) aufrufen können.
Eine weitere interessante (hier verlinkte)  CSN-Übersicht bildet die Ergebnisse einer US-Studie der JMU ab, die 108 verschiedene Behandlungsmethoden für MCS-Patienten verglich.

Nachfolgend ergänzende Studien-Publikationen, die wir  nicht anderweitig zur Verfügung stellen (zuordnen) konnten.

Die Luftbelastung mit Duftstoffen verursacht oxidativen Stress und löst womöglich MCS aus

Limonen, ein Inhaltsstoff, der in 77 % aller Duftstoffe enthalten ist, wandelt sich in der Luft in Formaldehyd um, was aufgrund der Erzeugung von oxidativem Stress möglicherweise mit der MCS-Pathologie in Verbindung gebracht werden kann. So die Ergebnisse der japanischen Studie. Sie unterstreichen die potenzielle Rolle gängiger Duftstoffbestandteile bei der Formaldehydbildung in Haushalten.

Die erreichte Formaldehydkonzentration überstieg die für Innenräume geltenden Sicherheitsnormen (Japan), was eine weitere Untersuchung des Zusammenhangs mit der MCS-Pathologie erforderlich macht, die durch Veränderungen der oxidativen Stresswerte im Gewebe der Atemwege und im Blut vermittelt wird.

Siehe auch Präsentation von Prof. Kazuha Fujiwara: https://www.youtube.com/watch?v=PdgizfDX5V0

MCS ist weltweit ein wachsendes Problem, insbesondere in Japan, wo die Zahl der Personen mit hoher chemischer Sensibilität in den letzten zehn Jahren um 500 % zugenommen hat, wobei die Prävalenz derzeit auf 1 von 7 Personen geschätzt wird.

Auch die Exposition gegenüber Duftstoffen nimmt weiter zu, da Duftstoffe in fast allen Haushaltsprodukten enthalten sind.

In dieser japanischen Studie wurde der Zusammenhang ermittelt zwischen einem Duftstoff, der Erzeugung von Formaldehyd, oxidativem Stress und der MCS-Pathologie. Dazu wurden über 40 japanische Waschmittel und Weichspüler  auf gängige Inhaltsstoffe untersucht, wobei Limonen als der am häufigsten vorkommende Inhaltsstoff identifiziert wurde. Mit Hilfe von Gasdetektionsverfahren wurde die Menge des aus Limonen erzeugten Formaldehyds gemessen:

  • Das Erhitzen von Limonen auf 37 °C führte zu Formaldehydkonzentrationen, die die Normen für die Luftqualität in Innenräumen überstiegen, wenn die Limonenkonzentration etwa 400 ppm betrug (im Bereich eines leicht wahrnehmbaren bis starken Geruchs).
  • Die Formaldehydkonzentration übersteigt die zulässigen gesetzlichen Normen (Japan) für Innenräume und könnte den oxidativen Stress im Gewebe der Atemwege und im Blut erhöhen.

Diese toxische Wirkung deutet möglicherweise auf einen pathologischen Mechanismus zur Auslösung von MCS-Symptomen hin.

Fujiwara K, Daniska S, Dickerson D. (2024). FRAGRANCE POLLUTION INDUCES MULTIPLE CHEMICAL SENSITIVITY. In F. Kongoli, H. Inufusa, T. Yoshikawa, C.A. Amatore, H-Y. Chen, W-H. Huang (Eds.), Sustainable Industrial Processing Summit Volume 1 Abe Intl. Symp. / Oxidative Stress and Technological Innovations in Medicine (pp. 157-158). Montreal, Canada: FLOGEN Star Outreach, https://www.flogen.org/sips2024/paper-1-88.html

MCS-Mütter: Erhöhtes Risiko für Autismus und ADHS bei Kindern

Chemisch intolerante Mütter berichteten im Rahmen einer Studie (2015)

  • dreimal häufiger, dass sie ein Kind mit Autismus haben,
  • 2,3-mal häufiger, dass sie ein Kind mit ADHS haben.

Bei ihren Kinder stellten sie fest, dass diese empfindlicher auf schädliche Gerüche reagieren, anfälliger für Allergien sind und stark von Heißhunger getrieben sind bzw. eine Vorliebe für Lebensmittel haben.[1] 2024 untersuchten Miller und Palmer im Rahmen einer Beobachtungsstudie erneut diesen Zusammenhang zwischen Chemikalienunverträglichkeit bei Eltern und dem Risiko ihrer Kinder, Autismus und/oder ADHS zu entwickeln. Eltern mit einer ausgeprägten Chemikalienintoleranz hatten

  • ein 5,7-fach höheres Risiko für ein Kind mit Autismus
  • ein 2,1-fach höheres Risiko für ein Kind mit ADHS.

In ihren Schlussfolgerungen mutmaßen die Wissenschaftler, dass der weltweite Anstieg von Autismus und ADHS möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass aus fossilen Brennstoffen stammende und biogene Giftstoffe epigenetisch kritische Mastzellengene ein- oder ausschalten, die transgenerational übertragen werden können. Sie empfehlen, dass alle angehenden Eltern in einem frühen Alter auf CI untersucht werden sollten und eine umfassende Aufklärung über TILT-Auslöser sowie die erforderliche Reduzierung von Triggern wie Pestiziden, Duftstoffen und Tabakrauch erhalten. [2]

MCS,Autismus und ADHS:
Umfassende Aufklärungsbroschüre

Um das Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen Chemikalienintoleranz und Autismus / ADHS zu schärfen bei

  • Patienten
  • politischen Entscheidungsträgern
  • Ärzten

erstellte Dr. Miller ein umfassendes Aufklärungsdokument, das Sie hier aufrufen können: https://tiltresearch.org/wp-content/uploads/sites/231/2024/05/TILT-Tutorial-on-Predicting-and-Preventing-Autism-ADHD-and-Chemical-Intolerance-2024.pdf

Quellen:
 [1] Maternal Chemical and Drug Intolerances: Potential Risk Factors for Autism and Attention Deficit Hyperactivity Disorder (ADHD) 2015 https://www.jabfm.org/content/28/4/461.short
[2] Palmer, R.F.; Kattari, D.; Rincon, R.; Miller, C.S. Assessing Chemical Intolerance in Parents Predicts the Risk of Autism and ADHD in Their Children. J. Xenobiot. 2024, 14, 350-367. https://doi.org/10.3390/jox14010022

Literaturhinweise

Ergänzend zu o. g. Quellenverweisen:

-> Weitere Informationen und Literaturhinweise finden Sie auch auf unserer Seite „MCS und Körper“

Einige Fachartikel und -Bücher (keine vollständige Übersicht) sowie Videos finden Sie hier auf unserer Seite „Sonstiges/Medien“

Alle Verlinkungen auf dieser Seite haben rein informativen Charakter und stellen keine Kauf-, Bezugsquellen- oder Behandlungs-Empfehlungen dar! Eine etwaige Ableitung und Umsetzung von Therapiemaßnahmen erfolgt ausschl. auf eigene Gefahr und Verantwortung und sollte immer mit einem qualifizierten Therapeuten abgesprochen werden.
Bei den ergänzenden Literaturhinweisen handelt es sich (wie auch bei obigen Quellverweisen) um eine unverbindliche Auswahl und keinesfalls um eine vollständige Übersicht!