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Die Arbeitsplatz-Bedingungen werden im Krankheitsverlauf häufig zum Problem. Sei es der Kontakt mit duftstoffbelasteten Personen, die Ausdünstungen von Geräten oder Materialien oder die Arbeit in emissionsbelasteten Räumen. Expositionen im Arbeitsbereich können die gesund-heitliche Situation MCS-Kranker verschlechtern und zu schweren physischen Reaktionen führen. Auch beeinträchtigen womöglich expositionsbedingte Konzentrations- und Wortfindungs-störungen die Arbeitsleistungen. Eine behindertengerechte Arbeitsumgebung könnte die Gesundheit MCS-Betroffener schützen, deren Arbeitskraft erhalten und Ausfallzeiten reduzieren.

Einführung

Einige wichtige Erkenntnisse in der Theorie

In der MCS-Studie wurde die Krankheit hinsichtlich ihrer Schwere und der Auswirkung auf die Patienten untersucht. Das Ergebnis war erstaunlich.[..] Es wurde festgestellt, dass MCS zu den schwersten der uns bekannten Krankheiten zu zählen ist.“

Ein grundlegendes Problem: MCS wird in der Medizin noch nicht flächendeckend wahrgenommen.[1] Das im Studium erlangte Grundwissen reicht im Querschnittsfach „klinische Umweltmedizin“ nicht aus, um eine umweltmedizinische Patientenversorgung zu gewährleisten. Es mangelt an Ärzten mit der entsprechenden Qualifizierung, weshalb MCS-Patienten einer massiven medizinischen Unter- und Fehlversorgung unterliegen. Auf diese Versorgungslücke wird seit Jahrzehnten vergeblich hingewiesen. [2]

Die Auswirkungen in der Praxis

Im Anfangsstadium wissen viele MCS-Betroffene also gar nicht „wie ihnen geschieht“. Oft dauert es lange, bis eine korrekte Diagnose gestellt werden kann. Und bis dahin sehen sie sich immer wieder mit ungläubigen Blicken (auch von Ärzten) konfrontiert. Sie möchten nicht als „eingebildete Kranke“ eingestuft werden, ignorieren also häufig die Symptome und bemühen sich, weiterhin „zu funktionieren“. In der Folge arbeiten einige sehr kranke Menschen mit behindernden Überempfindlichkeiten viel länger in einem für sie unverträglichen Umfeld als sie sollten. Dies aber kann zu gesundheitlichen Verschlechterungen, Arbeitsausfällen und einer zunehmenden Behinderung führen.[1][2]

„Wenn Ärzte keine Erklärung für das Problem hatten, argumentierten sie z. T. auch sehr salopp mit der Diagnose „psychosomatisch” oder „psychische Störung” [..]. Das heißt, dass zur unerfreulichen Krankheit die unerfreuliche Erfahrung hinzutritt, dass die Ärzte zum Teil selbst nicht Bescheid wissen, oft mit Diskriminierung reagieren oder mit Weiterverweisen der Betroffenen.“ [2] (Prof. Dr. Werner Maschewsky)

 

„Konzentrationsstörungen führten oft zum Verlust meines Arbeits-platzes.[…] Die Duftstoff-Konzentrationen waren auch im neuen Beruf einfach zu hoch für meinen Körper. Jahrelang blieb ich, weil ich meinen Beruf behalten wollte.“ [3]
(Martha, 50, Physiotherapeutin)

Im Rahmen der YouTube-Präsentation „Menschen mit Multipler Chemikalien-Sensitivität“ berichten weitere Betroffene aus unterschiedlichen Berufsgruppen über ihre ersten Symptome und krankheitsbedingten Probleme am Arbeitsplatz.

Barrierefreiheit und Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz

Der Arbeitgeber ist im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses zum Schutz von Leben und Gesundheit der für ihn tätigen Arbeitnehmer verpflichtet. Ist dem Arbeitgeber eine gesundheitlich bedingte Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers bekannt, muss er dies unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht berücksichtigen. Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer z. B. keine Arbeiten zuweisen, die dieser aufgrund eines vorgelegten ärztlichen Attests nicht ausüben darf. Quelle und weiterführende Informationen: https://www.haufe.de/arbeitsschutz/recht-politik/fuersorgepflichten-des-arbeitgebers-eine-uebersicht_92_443590.html

Die Arbeitsstättenverordnung besagt u. a., dass in umschlossenen Arbeitsräumen gesundheitlich zuträgliche Atemluft in ausreichender Menge vorhanden sein muss.

Quelle: Technische Regeln für Arbeitsstätten, ASR A3.6, Absatz Luftqualität
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ASR/ASR-A3-6.html

Barrierefreiheit braucht mehr als Rollstuhlrampen. Warum Laserdrucker Teilhabe verhindern 

„So selbstverständlich wie heute Laserdrucker in jedem gewerblichen Büro, in jeder Behörde und zunehmend im improvisierten Homeoffice in Küche, Wohn- oder Schlafzimmer stehen, so wenig machen sich deren Nutzer Gedanken darüber, was mit dem eigentümlichen Geruch, den viele dieser Geräte verströmen, im Hinblick auf ihre Gesundheit verbunden sein könnte“, erklärt Heike Krüger, Vorstand von nano-Control, Internationale Stiftung. „Für Betroffene einer Multiplen Chemikaliensensibilität ist das mehr als eine abstrakte Gefahr, sondern eine konkrete Belastung, die ihnen die Teilnahme am Arbeitsleben und sogar am öffentlichen Leben unmöglich machen kann. Darüber hinaus kann heute nicht ausgeschlossen werden, dass längerfristiger Kontakt zu den von Laserdruckern ausgestoßenen Nanopartikeln sogar ein Auslöser der MCS ist.“  Für Menschen mit einer nachgewiesenen Multiplen Chemikaliensensibilität in Verbindung mit von Laserdruckern ausgestoßenen Partikeln ist der Aufenthalt in geschlossenen Räumen eine nach BGG nicht zumutbare Belastung.
Quelle und vollständige Pressemitteilung von nano-control

Prinzipiell lassen sich chemikalienbedingte Barrieren unter die „umweltbedingten Barrieren“ nach § 3 BGG fassen, dem-entsprechend beinhaltet die gesetzliche Definition für Barrierefreiheit laut §4 BGG auch eine chemikalienbedingte Barrierefreiheit.[..]“

Dr. Bettina Hoffmann
Sprecherin für Umweltgesundheit
in Beantwortung einer Frage zu MCS und Behinderung. (Jan21)
Quelle:
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/bettina-hoffmann/fragen-antworten/566089 

Schadstoffgrenzwerte und ihre Relevanz für MCS-Betroffene

Gem. der internationalen Studienlage liegen die Fremd- und Schadstoff-konzentrationen, die bei MCS-Kranken Einfluss nehmen können auf Krankheitsverlauf und Akutsymptome, unter den üblichen Grenzwerten (MAK – Maximale Arbeitsplatz-Konzentrationen).

„Die Ergebnisse zeigen, dass die geltenden MAK-Grenzwerte für wichtige Schadstoffe deutlich zu hoch liegen, um Patienten mit Überempfindlichkeit vor negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu schützen“.

Quelle: Hans-Ulrich Hill, Wolfgang Huber, Kurt E. Müller „Multiple Chemikalien-Sensitivität: Ein Krankheitsbild der chronischen Multisystemerkrankungen“, Aachen: Shaker Verlag, 2010 [S.312]

Studienauszüge

„Es wurde festgestellt, dass nur 1/4 der damaligen Studienteilnehmer noch ihren Arbeitsplatz hatten. Lediglich 7 % davon arbeiteten unter für sie sicheren Bedingungen.“ Vgl. Gibson, Cheavens, and Warren (1996)

„Für viele Studien-Teilnehmer ging die Beschäftigung aufgrund der begrenzten räumlichen Gegebenheiten verloren.“ Vgl. Gibson, Sledd, McEnroe, & Vox (2011)

Grafik zu MCS-bedingten Arbeitsplatzproblemen

Grafik zur Veranschaulichung der Probleme am Arbeitsplatz bei MCS-Kranken
Grafik: ©MCS Rosenheim

Die Grafik veranschaulicht am Beispiel eines kaufmännischen Berufes die Probleme, die MCS am Arbeitsplatz mit sich bringt.

Falls Sie diese Übersicht für ein Gespräch oder im Rahmen eines Antragsverfahrens unterstützend nutzen möchten: Hier im Forum finden Sie eine entsprechende Download-Option (S. „Schaubild MCS Arbeitsplatz..“)

Mögliche Maßnahmen am Arbeitsplatz

Klagen mehrere Mitarbeiter über Beschwerden mit einem Arbeitsplatz-Bezug, kann die Überprüfung der Raumbelastungen und Luftqualität angezeigt erscheinen (->siehe Sick-Building-Syndrom(SBS). Ein Fortbildungsvortrag des Umweltbundesamtes für den öffentlichen Gesundheitsdienst (2017) unter dem Titel „Krank durch krankmachende Räume?“ beinhaltete entsprechende Aspekte zum SBS und auch zu MCS.

Nebenstehend finden Sie einen Auszug aus den Präsentationsinhalten.

Allgemeine Empfehlungen des Umweltbundesamtes zur Verbesserung der Raumluftqualität:

  • Ein regelmäßiges und ausreichendes (Quer-)Lüften der Räumlichkeiten mit vollständig geöffneten Fenstern.
  • Sparsame Verwendung von Raumpflegeprodukten. Nach Möglichkeit: duftstofffreie Produkte verwenden (tragen weniger zur Belastung mit leichtflüchtigen Verbindungen bei und maskieren eine mangelhafte Raumluftqualität nicht.)
  • Laserdrucker- und Kopierer zentral in belüfteten Räumen aufstellen.(Einsatz von Arbeitsplatzdrucker nur selten und für kleinere Druckaufträg.)
  • Wenn immer möglich: bei geöffneten Türen arbeiten.(Erhöht den Luftdurchsatz und beeinflusst das Raumgefühl positiv. Allerdings Zugluft vermeiden.)
  • Zimmerpflanzen können die Raumluftqualität zwar nur geringfügig verbessern, bieten aber
    meist trotzdem Vorteile für die Innenraumatmosphäre. Eine Keimbelastung durch verschimmelte Blumenerde sollte auf jeden Fall verhindert werden.

(Verlinkte) Quelle: Fortbildungsvortrag des Umweltbundesamtes für den öffentlichen Gesundheitsdienst (2017) unter dem Titel „Krank durch krankmachende Räume?“ , Ref. Wolfgang Straff

MCS-Betroffene sollten im Betrieb nicht einfach als Sensibelchen oder hysterisch abklassifiziert, sondern vor Diskriminierung geschützt werden.[1] Vorbildlich agiert hier Kanada. Die dortige Menschenrechtskommission schützt MCS-Kranke und stellt Arbeitgebern entsprechendes Info-Material zur Verfügung.[2] Deutsche Arbeitnehmer können leider nicht auf solche Hilfsmittel zurückgreifen. Sie sind gezwungen, selbst über das wenig bekannte Beschwerdebild zu informieren.

Bei unklaren, nicht vorhandenen oder nicht akzeptierten Diagnosen (s. a. Punkt „Einführung“) kann sich eine sog. Krankheitsscham entwickeln. Diese Emotion tritt auf, wenn eine Person ihr Ansehen durch eine Erkrankung infrage gestellt sieht. Aus Angst davor belächelt, herabgesetzt oder ausgegrenzt zu werden schweigen dann viele. Ein Erdnussallergiker muss sich nicht davor fürchten, auf seine Gesundheitsgefährdung hinzuweisen.  Für MCS-Betroffene ist es nicht weniger wichtig, das Thema und schützende Maßnahmen aktiv anzusprechen. Die Hemm-schwelle ist aber leider deutlich größer, muss aber im Zuge der Gesundheitsfürsorge überwunden werden. [3] Sprechen Sie also mit Ihrem Betriebsrat, Ihrer Führungskraft und Kollegen. Es ist besser nach gemeinsamen Lösungen zu suchen als viele Krankheitstage anzuhäufen!

„Obwohl Arbeitgeber manchmal argumentieren, dass die bei MCS geforderten Anpassungen so umfassend sind, dass sie unmöglich einzuhalten sind, ist dies nicht zwangsläufig so. Es gibt Möglichkeiten, die Qualität der Arbeitsumgebung zu verbessern.“ [4] (Prof. Dr. Pamela R. Gibson)

Barrierefreiheit und Schutz der Gesundheit für Mitarbeiter mit MCS  [1][4][5][6][7]

Wenn es eine Möglichkeit gibt, Ihre Arbeitsumgebung sicher zu gestalten:

Arbeitnehmer-Perspektive:
Sie können sich durch den Erhalt Ihrer Leistungsfähigkeit und den Verbleib im Beruf Ihr Einkommen, Ihre Sozialleistungen, Ihr arbeits-bezogenes Selbstwertgefühl, Ihre Kontakte zu anderen Menschen und Ihr Gefühl der Produktivität bewahren.

Arbeitgeber-Perspektive:
Die Maßnahmen können krankheitsbedingte Ausfallzeiten reduzieren, Produktivität bewahren und es bleibt dem Unternehmen eine erfahrene Arbeitskraft erhalten (womit u.U. auch kostenintensive Nachbesetzungs-verfahren vermieden werden).

Die Ausprägung der Umweltempfindlichkeit ist stets abhängig vom individuellen Schweregrad der Erkrankung. Die wichtigste Maßnahme ist die Vermeidung beschwerdeauslösender Chemikalien, Schad- und Duftstoffe. Eine Überprüfung und ein Einsatz z.B. gesundheitsverträglicherer Reinigungsmittel kann auch  für die Gesamtbelegschaft eine gesündere Umgebung schaffen. Nachfolgend eine unverbindliche Themensammlung möglicher Maßnahmen für einen MCS-verträglicheren Arbeitsplatz:

  • Auslagerung von ausdünstungsstarken Geräten (z. B. FAX, Drucker, Kopierer) in andere Räumlichkeiten
  • Laserdrucker mit Filter ausstatten
  • Berücksichtigung evtl. bei der Aufgabenverteilung (z.B. statt Kopieraufträge übernimmt der MCS-Betroffene eher Telefondienste)
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  • Reduzierung des Einsatzes von Chemikalien (wie z. B. Lufterfrischer, Pestizide)
  • Verwendung gesundheitsverträglicherer Produkte (z.B. Reinigungsmittel ohne Duftstoffe und Lösungen auf Ammoniak-, Lösungsmittel-, Phenol- oder Chlorbasis.)
  • Aufklärung der Arbeitskollegen. (Duftstoffe der Arbeitskollegen sind i.d.R. ein schwieriges Thema. Einige Kollegen haben evtl. kein Verständnis für Ihr Bedürfnis nach einem duftfreien Arbeitsbereich. Vielleicht interpretieren sie Ihr Anliegen so, dass sie Duftstoffe einfach als störend empfinden. Es ist erforderlich das Problem zu konkretisieren, was diese bei Ihnen auslösen, dass Sie von Duftstoffen nachhaltig krank werden.)
  • Politik der Duftsstofffreiheit bzw. Kollegiale Abkommen zur Duftstoffreduzierung (z.B. in kleineren Gemeinschaftsbüros)
  • Benachrichtigung des Mitarbeiters vor z.B. Renovierungsvorhaben (-> Urlaubsplanung, Materialoptionen, Ausweichbüro)
  • Kein Kunden- bzw. Parteiverkehr
  • Bereitstellung einer angemessenen Belüftung, z.B. zu öffnendes Fenster, Luftreiniger (Luftfiltergeräte), Erhöhung der Luftaustauschrate von Klimaanlagen
  • Sicherstellung von Frischlufteinlässen ohne Beeinträchtigung durch Abgase (z.B. Nähe Parkplätze, Garagen) oder Rauch (z.B. Schornsteine, Raucherecken, Zigarettenabfallbehälter)
  • Einzelbüro  (nicht in Nachbarschaft zu Raucher-Bereichen o.ä.)
  • Arbeitszeiten fokussieren auf besetzungsschwächere Tageszeiten/Wochentage
  • Kollision mit der Arbeitszeit von Reinigungsfirmen vermeiden
  • Ggf. Abteilungswechsel in geeignetere Aufgabenbereiche
  • Optional eine befristete Teilzeit-Vereinbarung treffen, um die Kombination erforderlicher Erholungsphasen und Kontaktwahrung zum Aufgabengebiet zu ermöglichen
  • Homeoffice-Regelung. (Früher wurde dieses Anliegen Betroffener häufig abgelehnt. Durch die Intensivierung der Homeoffice-Umsetzungen im Rahmen der Pandemie ergeben sich zukünftig für diese zweckmäßige Regelung für MCS-Betroffene hoffentlich bessere Chancen.)

Der Aspekt eines „leidensgerechten Arbeitsplatzes“ (Kernaussagen) [8]

Arbeitnehmer-Perspektive:
Ein Arbeitsplatz ist dann leidensgerecht, wenn ein Mitarbeiter diesen trotz seiner Beeinträchtigungen ausfüllen kann. D. h. er orientiert sich an den gesundheitlichen Erfordernissen.

Arbeitgeber-Perspektive:
Arbeitgeber sind allerdings nicht dazu verpflichtet, extra einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu schaffen. Dieser muss bereits existieren und frei sein.

Ergänzende Tipps:

Suchen Sie das konstruktive Gespräch und bereiten Sie sich darauf vor:

  • Machen Sie eine „ehrliche Bestandsaufnahme“:
    Was können Sie problemlos leisten? Was bereitet Ihnen am Arbeitsplatz Probleme? Welche diesbezüglichen Lösungsansätze erkennen Sie und möchten Sie vorschlagen?
  • Informieren Sie sich bzgl. möglicher Optionen innerhalb Ihres Betriebes:
    Gibt es evtl. Stellenausschreibungen für einen Bereich, der Ihnen ein geschützteres Arbeiten ermöglicht (z.B. ohne direkten Kundenkontakt)?
  • Bei MCS handelt es sich um ein wenig bekanntes Beschwerdebild mit entsprechendem Erklärungsbedarf (Fokus bewahren!)

Belegen Sie Ihre subjektiven Angaben mit objektiven, bestätigenden Unterlagen (kurzes und übersichtliches Infomaterial!):

  • Wenn Sie ein Attest haben, dass Sie empfindlich auf Chemikalien reagieren – oder von ihnen krank werden – und dass es Ihre Gesundheit bedroht, wenn Sie ihnen ausgesetzt sind, wird dies hilfreich sein. (Natürlich ohne Offenlegung aller ihrer Befundmitteilungen und Diagnosen).
  • Kompakt und übersichtlich belegt dies z.B. der MCS-Umweltpass mit der ärztlichen Unterschrift.
  • Evtl. haben Sie einen Arztbrief mit Empfehlungen bezüglich relevanter Aspekte für Ihr Arbeitsumfeld (z.B. Empfehlung Einzelbüro-Unterbringung).
  • Wenn Sie zum Betriebsarzt oder medizinischen Dienst geschickt werden: nehmen Sie relevante Unterlagen mit. Dies kann auch MCS-Informationsmaterial sein (wie z.B. das MCS-Infoblatt des dbu, der MCS-Artikel im Magazin „forum“ der Medizinischen Dienste, das Ärzteinformationsblatt, der Italienische MCS-Konsens). Sie wissen, dass die Informationslage zu MCS durchaus „unzureichend“ sein kann.

Aspekte beim Vorliegen eines Schwerbehinderten-Status

Arbeitnehmer-Perspektive:
Mehr Rechte und Schutz durch diverse rechtliche Regelungen. Evtl. können Sie sich auch an den Schwerbehinderten-Vertreter Ihres Betriebes wenden. Im Bedarfsfall können ergänzende Beratungs-leistungen weiterer Stellen in Anspruch genommen werden. So z. B. die Antidiskriminierungsstelle  und/oder Integrations- bzw. Inklusionsämter.

Arbeitgeber-Perspektive:
Es gilt eine Beschäftigungsverpflichtung gem. § 154 Abs. 1 SGB IX. Können die, in Abhängigkeit von der Betriebsgröße, definierten Quoten nicht erfüllt werden, müssen Arbeitgeber für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für Schwerbehinderte eine Ausgleichsabgabe bezahlen. Hier verlinkt die Quelle mit weiterführenden Informationen.

Arbeitsunfähigkeit

Ohne geeignete Maßnahmen droht eine gesundheitliche Abwärtsspirale und die  Arbeits- und Leistungsfähigkeit MCS-Betroffener kann kontinuierlich abnehmen. Ausschlaggebend ist immer die individuelle Situation wie z.B. Beruf, Umfeld (Expositionsquellen), Anzahl beschwerde-auslösender Stoffe und der Schweregrad der Erkrankung. Wenn die Maßnahmen nicht greifen und/oder die Verfassung des MCS-Kranken es erfordert, lässt sich eine Arbeitsunfähigkeit oft nicht vermeiden. Unabhängig davon, wie sehr der MCS-Kranke versucht „durchzuhalten“. Die Arbeitsunfähigkeit kann vorübergehend sein. Unter Umständen kann eine Auszeit beruflicher Expositionen und eine kompetente medizinische Betreuung zum Abklingen von Akutsituationen führen und eine gesundheitliche Stabilisierung unterstützen. Allerdings ist eine gute medizinische Hilfe entscheidend. Gibson (2014) fand in einer Studie mit 209 Personen mit MCS heraus, dass Personen, die sich erst einmal in einer gesundheitlichen Abwärtsspirale befanden, zwei Jahre später mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit Therapieerfolge verspürten. Ziel aller Beteiligten sollte es also sein, dabei zu helfen, die negative Entwicklung rechtzeitig zu unterbrechen. [1][2][3][4]

„Es gelingt unter den heutigen Lebensbedingungen nur eine Expositionsreduktion, keine Expositions-
meidung. Es gibt keine Arbeitsplatz-bedingungen, die diesen Ansprüchen gerecht werden können.“[5]

„Die Krankheit führt in den meisten Fällen zur völligen Arbeitsunfähigkeit bis hin zum weitgehenden Verlust jeglicher Lebens-qualität.“ [3]

Die (MCS-unabhängige) Duftstoff-Problematik

„Duftstoffe können Kontaktallergien und andere Unverträglichkeits-reaktionen auslösen und sind daher nicht für einen Einsatz im öffentlichen Raum wie zum Beispiel Schulen oder am Arbeitsplatz geeignet. [..] Problematisch sind die möglichen Risiken für die Gesundheit und die allgemeine Verschlechterung der Luftqualität in Innenräumen.“
Quelle: Umweltbundesamt, Broschüre „Duftstoffe – chemische Begleiter im Alltag“ (S. 14)
 

Es gibt viele Studien, die die schädlichen Auswirkungen von Parfüm belegen und die zeigen, wie viele Menschen in der Bevölkerung über duftstoffbedingte Beschwerden klagen. Doch Duftstoffe sind in der Risikobewertung „durchgerutscht“, ohne die negative Aufmerksamkeit zu erhalten, die sie verdienen, wenn man bedenkt, dass sie wahrscheinlich nicht sicherer sind als Rauch, Lösungsmittel oder Pestizide.[1]

„Die Ergebnisse legen nahe, dass luftgetragene Duftstoffe, die zur Raumbeduftung, zur Beduftung von Produkten wie Wasch- oder Putzmitteln und von Personen (Parfüms) eingesetzt werden, eine Vielzahl von unterschiedlichen gesundheitlichen Störungen und Erkrankungen hervorrufen können.“
Quelle: Dt. Allergie- und Asthmabund (DAAB), erste Erkenntnisse der Studie“Gesundheitsgefährdung durch Duftstoffe“ (17.01.21)

„Das Thema der gesundheits-schädlichen Wirkungen von Duftstoffen hat eine Dimension erreicht, die sofortiges Handeln erfordert: Die Ergebnisse dieser Studie sind starke unterstützende Argumente für eine Politik der Duftstofffreiheit“, so das Fazit von Prof. Dr. Klaschka zu ihren Erkenntnissen aus der im Juli 2020 veröffentlichten Studie „Zwischen Anziehung und Vermeidung: von der Parfümverwendung bis zur Politik der Duftstofffreiheit“. Hier ist u. a. nachzulesen, dass 2019 pro Person in Deutschland durchschnittlich 7,4 Arbeitstage durch Krankheit aufgrund von Duftstoffexpositionen am Arbeitsplatz verloren gingen! (Dies liegt deutlich höher als im internationalen Vergleich.) Von Arbeitsunfähigkeit oder Jobverlust durch Duftstoffexposition am Arbeitsplatz betroffen waren demnach 5, 5 % der Allgemeinbevölkerung und 22,4 % der duftempfindlichen Personen. (Ergänzender Hinweis: dies war KEINE auf MCS-Kranke beschränkte Studie!)  [6]

Mehr zum Thema Duftstoffe finden Sie übrigens hier:

Quellen (verlinkt):
[1]
Gibson P.R., Earthrive Books (2006) „MCS – Überlebensleitfaden“ (Kap. 13)“
[2] Gibson P.R. „Beratung von KLIENTEN MIT UMWELTSENSITIVITÄTEN – Eine Information für Psychotherapeuten“
[3] Hans-Ulrich Hill, Wolfgang Huber, Kurt E. Müller „Multiple Chemikalien-Sensitivität: Ein Krankheitsbild der chronischen Multisystemerkrankungen“, Aachen: Shaker Verlag, 2010 [S.312]
[4] GENUK e.V.“
Die aktuelle Situation von Personen mit umweltassoziierten Erkrankungen“
[5] dbu „MCS-Informationsblatt“
[6] Klaschka U. „Zwischen Anziehung und Vermeidung: von der Parfümverwendung bis zur Politik der Duftstofffreiheit“

 

Risikoberufe

Lt. Studienerkenntnissen von Prof. Dr. Gibson führten mehr als die Hälfte der Betroffenen ihre MCS-Entwicklung auf Erstexpositionen in der Arbeitsumgebung zurück. [1] MCS kann jeden treffen. Doch offenbar gibt es auch einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Auftretens von MCS und bestimmten Berufsgruppen, in denen eine Chemikalienexposition zum Arbeitsalltag gehört. Dies zeigt eine Studie von Prof. Dr. Werner Maschewsky, die er mit 600  MCS-Patienten umsetzte (2000): [2]

Psychosozialer Stress und Chemikalienbelastung wirken synergistisch, also sich gegenseitig verstärkend. So zeigt sich MCS insbes. auch bei Lehrerberufen an schadstoffbelasteten Schulen.[2] Das Luftanalyse-zentrum weist darauf hin, dass an zahlreichen Schulen in Deutschland in den letzten Jahren immer wieder erhebliche Schadstoff-Belastungen gemessen wurden. Generell lässt sich beobachten, dass nicht nur Schadstoffaltlasten in Schulen ein Problem sind, sondern dass oftmals auch bei Neubauten zu wenig auf Schadstofffreiheit und Funktionalität geachtet wird.[3]

Um Schüler und Lehrer vor Schadstoffen in Klassenzimmern schützen zu können, müssen Schulen künftig besser auf gefährliche Chemikalien hin untersucht werden. Dies fordern der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Interdisziplinäre Arbeitskreis Umwelt und Gesundheit Rhein-Main und die IGUMED. [4]

Die GEW Sachsen hat (hier verlinkt) einen kompakten Wegweiser erstellt „Schadstoffe in Schulen“.

In Deutschland ist MCS nicht als Berufs-krankheit anerkannt. 2003 erschien dazu dieser verlinkte Artikel in „umwelt-medizin-gesellschaft“.

Der bloße Zusammenhang einer Erkrankung mit einer beruflichen Tätigkeit reicht nicht aus, um die Krankheit als Berufskrankheit anerkennen zu können. Dafür relevant ist die Berufskrankheiten-Liste (BKL), die derzeit 80 Positionen umfasst und sich an konkreten medizinischen Erkenntnissen sowie einem (anerkannten) erhöhten Berufsgruppenrisiko orientiert. Ist eine Erkrankung nicht in der BKL enthalten, gibt es die Möglichkeit, in Einzel-fällen eine Erkrankung „wie eine Berufs-krankheit“ anzuerkennen. Dazu müssen 

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allerdings neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorliegen, die belegen, dass für eine bestimmte Personengruppe arbeitsbedingt ein deutlich erhöhtes Risiko, an einer bestimmten Gesundheitsstörung zu erkranken, besteht.[5]

„Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische – BK1317“ (Berufskrankheit)

Hierzu finden Sie z.B. (hier verlinkt) ausführliche Informationen des  IFA-Instituts. 

„Psychisch gestört oder arbeitsbedingt krank?“ Dieses Taschenbuch von Werner Maschewsky widmet sich dem Thema „Mehrfache Chemikalienunverträglichkeit (MCS), Lösemittel-Syndrom und Bk 1317“ und wird hier kostenlos zum Download angeboten

Dieser Button führt Sie bequem zu einem kurzen TV-Beitrag aus dem Jahr 2015:

Quellen (verlinkt):
[1]
Gibson P.R., Earthrive Books (2006) „MCS – Überlebensleitfaden“ (Kap. 13)“
[2] Hans-Ulrich Hill, Wolfgang Huber, Kurt E. Müller „Multiple Chemikalien-Sensitivität: Ein Krankheitsbild der chronischen Multisystemerkrankungen“, Aachen: Shaker Verlag, 2010 [S. 41][S.139]
[3] Luftanalysezentrum „Schadstoffe in Klassenzimmern“
[4] Dt. Grünes Kreuz e.V. „Giftiges Klassenzimmer“
[5] Spitzenverband DGUV „Berufskrankheiten“

Literaturhinweise

Einige Fachartikel und -Bücher (keine vollständige Übersicht) sowie Videos finden Sie hier auf unserer Seite „Sonstiges/Medien“

Alle Hinweise und Verlinkungen auf dieser Seite haben rein unverbindlichen und informativen Charakter und stellen keine medizinische oder rechtliche Beratung dar. Ist eine entsprechende Fachberatung erforderlich, so wenden Sie sich an einen kompetenten Ansprechpartner des jeweiligen Fachbereiches. Bei den ergänzenden Literaturhinweisen handelt es sich (wie auch bei obigen Quellverweisen) um eine unverbindliche Auswahl und keinesfalls um eine vollständige Übersicht!